Laizismus?

Was würde passieren, wenn einige Landesregierungen Gesetze erlassen würden, die es verbieten, sich zu Zeiten des Ramadans tagsüber den Bauch vollzuschlagen? Es würde ein Sturm der Entrüstung losbrechen, was man als Nichtmuslim mit dem Ramadan zu tun hätte, würde man frage, und ob das nicht eine Sache unter den Muslimen bleiben sollte.Und das zu Recht. Religiöse Rituale sind einzig Sache der Anhänger einer Religion. Ob sich ein Ungläubiger einem Ritual entsprechend verhält oder dieses überhaupt beachtet, ist völlig egal, es betrifft ihn nicht. Und daher ist es völlig egal, was ein Ungläubiger macht, wenn gerade die Zeit eines bestimmten Rituals vorherrscht.

Eigentlich. Eigentlich sind auch alle Religionen in Deutschland gleich, bis auf das Christentum, das ist gleicher. Denn ein christlicher Feiertag, wohlgemerkt, hat in manchen Bundesländern durchaus Einfluss auf Nichtgläubige. So zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen:

Am [Feiertag] sind zusätzlich verboten:
1. alle in Absatz 1 genannten Veranstaltungen bis zum nächsten Tag 6 Uhr, mit Ausnahme der Großmärkte, die bis zum nächsten Tag 3 Uhr verboten sind,
2. alle nicht öffentlichen unterhaltenden Veranstaltungen außerhalb von Wohnungen bis zum nächsten Tag 6 Uhr,
3. die Vorführung von Filmen, die nicht vom Kultusminister oder der von ihm bestimmten Stelle als zur Aufführung am Karfreitag geeignet anerkannt sind, bis zum nächsten Tag 6 Uhr,
4. Veranstaltungen, Theater- und musikalische Aufführungen, Filmvorführungen und Vorträge jeglicher Art, auch
ernsten Charakters, während der Hauptzeit des Gottesdienstes.
(4) Bei Rundfunksendungen ist während der Zeit von 5 Uhr bis 18 Uhr (Absätze 1 und 2) und von 0 Uhr bis zum nächsten Tag 6 Uhr (Absatz 3) auf den ernsten Charakter der stillen Feiertage Rücksicht zu nehmen.

Nun fragt man sich, was denn beispielsweise ein Konzert in einem Club irgendwo weitab jeder Kirche mit dem Karfreitag zu tun hätte. Dort wäre kein Ritual gestört. Doch der Allmachtswahn der Gottesvertreter kennt keine Grenzen. Wenn man ein Ritual feiert, haben alle ruhig zu sein. Das gilt natürlich nur für christliche Rituale. Juden, Moslems, Buddhisten, Satanisten und sonstige Heiden kriegen dieses Vorrecht natürlich nicht. Denn die BRD ist ein christlicher Staat, kein laizistischer, oder gar einer, in dem alle Religionen gleiche Rechte genießen.

Wer heute also seine Abendplanung wahrnimmt, der denke doch bitte an so arme Teufel, wie Atheisten und sonstige Nichtchristen, die mit diesen Regelungen daran erinnert werden, dass in den Augen der Staatsmacht ihre Weltanschauung weniger wert ist als das Christentum.

5 Antworten to “Laizismus?”

  1. Wut! Says:

    Der Papst und der Neuigkeitenwert

    Der Meldung aller gleichgeschalteten Medien zum Karfreitag, dass der so genannte “Papst” brav zum Karfreitag seinen “Kreuzweg” runterging und dabei unter üblicher Prachtentfaltung die üblichen Zaubersprüche sprach, kann ich w…

  2. Der Totengraeber Says:

    Nicht nur in NRW, auch hier kannste ärger mit der Exikutive bekommen, wenn man z.B. ein Konzert oder sowas Veranstalltet!!! jaja die Religionsfreiheit…

  3. kurokasai Says:

    Naja, diese Gegend, die gegenwärtig mein Aufenthaltsgebiet ist, ist ja noch direkt als liberal zu sehen (verglichen mit NRW), zumindest hat mich kein Exekutist auf dem gestrigen Konzert gestört. Ich konnte mir ganz unbehelligt die Barden in den schwarzen Klamotten Lieder über den Teufel singend anhören.

  4. Flam Says:

    Hi!
    Zweifellos ist dir BRD ein christlich orientierter Staat. Entsprechende Konkordate und das Einziehen der Kirchensteuer durch den Staat belegen dies.
    Davon abgesehen allerdings ist die christliche Kirche weitestgehend politisch unbedeutend.
    Unzählige aus der christlichen Kirche ausgetretene Deutsche Bürger erfahren daraus keinerlei Nachteile.

    Übrigens es ist definitiv angenehmer als säkularer Nichtchrist in der BRD zu leben, denn als säkularer Christ in den meisten anderen sogenannten laizistischen Staaten mit vornehmlich nichtchristlicher religiöser Ausrichtung.

  5. kurokasai Says:

    Hi zurück!
    Es ändert an dem oben beschriebenen Sachverhalt überhaupt nichts, dass die christlichen Kirchen an politischer Bedeutung seit dem Spätmittelalter teilweise verloren haben, diese Aussage ist also für den Sachverhalt bedeutungslos.

    „Keinerlei Nachteile“ ist übrigens sachlich falsch, das wüsstest du, wenn du dir den Beitrag, den du kommentiertest auch durchgelesen hättest. Nicht nur, dass du mit deiner Aussage falsch liegst, hast du außerdem nicht verstanden, dass neben den Einschränkungen, denen Nichtchristen durch die Gesetzeslagen in manchen Bundesländern unterliegen, diese Gesetze außerdem aussagen, dass die Weltanschauung Christentum von den Gesetzgebern als den Anschauungen Judentum, Islam, Humanismus undsoweiter höherwertig eingeschätzt wird, indem christlichen Riten eine gesonderte Wichtigkeit zugesprochen wird, die bei anderen Religionen undenkbar wäre. Das Beispiel mit dem Ramadan verdeutlicht das wohl ziemlich genau.

    Übrigens kann man mit der Begründung „Irgendwo anders auf der Welt geht es aber Leuten noch viel schlechter“ auch das willkürliche Erschießen von Menschen auf der Straße rechtfertigen, immerhin herrscht in manchen anderen Staaten Krieg, und da werden auch schon mal ganze Dörfer/Städte ausgelöscht. Dieses Argument also nicht nur wertlos, sondern auch gefährlich.

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