Brechreiz

…erhält man, wenn man sich die Begründung des Angelaferkels für die rapide gestiegenen Lebensmittelpreise der letzten Zeit antut:

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt im Gegensatz zu vielen Entwicklungspolitikern nicht der steigenden Biosprit-Produktion die Hauptschuld an der Preisexplosion bei Lebensmitteln. Ursache sei vor allem „eine sehr unzureichende Agrarpolitik in den Entwicklungsländern“, sagte Merkel am Donnerstag im sächsischen Freiberg bei der Eröffnung der ersten Raffinerie für Biokraftstoffe der zweiten Generation. Ein weiterer Grund sei die nicht ausreichend vorhergesagte Änderung der Ernährungsgewohnheiten in Schwellenländern.

In Indien etwa nähmen inzwischen rund 300 Millionen Menschen eine zweite Mahlzeit am Tag ein, sagte Merkel. „Wenn die plötzlich doppelt soviel Nahrungsmittel verbrauchen als sie das früher gemacht haben und dann auch noch 100 Millionen Chinesen beginnen, Milch zu trinken, dann verzerren sich natürlich unsere gesamten Milchquoten und vieles andere“, sagte die Kanzlerin in Hinblick auf den europäischen Agrarmarkt.

In Kurz: Haben die Neger halt selber Schuld, wenn sie so viel fressen. Dann sollen sie auch hungern.

Dass der Ölpreis wie bekloppt steigt, weil der ach so hoch zivilisierte Westen das schwarze Gold ebenso bekloppt verschleudert und dadurch natürlich auch die Preise für Nahrungsmittel steigen, weil man für das Betreiben von Erntemaschinen, Anfertigen von Düngern, transportieren dieser und dem Transportieren der Nahrung nun einmal Öl benötigt, hat wohl nix mit gestiegenen Nahrungspreisen zu tun?

Noch bedeutend schwerwiegender als der steigende Ölpreis ist aber die „Biosprit“-Produktion. Auch wenn das die Kanzlerin nicht wahr haben will. Der Name für diesen Treibstoff ist schon einmal eine dreiste Lüge, weil in der CO2-Bilanz des Ethanols nicht die Emissionen einbezogen werden, die durch die Produktion für Düngemittel und durch Einsatz von landwirtschaftlichen Maschinen entstehen. Zieht man diese hinzu, emittiert der „Biodiesel“ in vergleichbaren Dimensionen wie ordinärer Diesel.

Aber wir waren beim Hunger: Wie bescheuert muss man eigentlich sein, um zu glauben, es würde niemanden zum Hungern bringen, wenn man sein Essen verbrennt? Aus hundert Kilogramm Weizen kann man 25 Liter Treibstoff herstellen, oder Brot backen, um eine afrikanische Großamilie locker zwei Jahre zu ernähren. Wenn man einen Menschen vor die Wahl stellte, entweder zwei Jahre lang dem Hungertod zu entrinnen, oder einmal seinen Wagen volltanken zu können, dann entscheidet sich jeder für das Essen. Wenn man allerdings die Wahl hat, seinen Mitmenschen das täglich Brot zu lassen, oder mit seinem SUV über deren Leichen zu brettern, entscheiden sich zu viele (und das Merkel gehört dazu), für die Spritztour mit dem SUV. „Verreckt doch! Hauptsache, ich kann Gas geben!“, sagen Menschem vom Schlage der Regierungschefin.

Wenn man sich solcher Menschenverachtung wie dieser der Kanzlerin konfrontiert fühlt, dann fällt es schwer den eigentlich eingeschworenen Pazifismus einzuhalten. Man möchte dem betreffenden Menschen einfach nur noch ins Gesicht schlagen, so heftig wie möglich.

(via via)

Update: Das Geschwafel von der Milch ist auch glatt gelogen. Wie ich schon einmal dargelegt habe, hanen 93% der Chinesen eine Laktoseintoleranz, trinken also gar keine Milch. Dementsprechend fällt der Export dieses Produkts in den asiatischen Raum auch eher gering aus. Nach China und Indien zusammen werden bloß 0,1% der europäischen Milch verschifft.

7 Antworten to “Brechreiz”

  1. xxlkillababe Says:

    Na diese Tücke, das konnte doch wirklich keiner „Vorhersehen“ diese Inder essen plötzlich doppelt so viel. Aber das ist noch nicht alles unser heranwachsender neuer „Erzfeind“ China beginnt plötzlich mit seiner Bevölkerung ganz üble Tricks. Merkel sagt weiter „100 Millionen Chinesen beginnen Milch zu trinken, dann verzerren sich natürlich unsere gesamten Milchquoten und vieles andere“. Oh, oh komischer Weise reagieren andere Politiker plötzlich ganz fix, wie schnell die Politik doch inzwischen handeln kann zeigt sich hier –> EU beendet Biosprit-Subventionen.

    Wo kämen wir hin, wenn alle nur sagen würden: „Wo kämen wir hin?“ und niemand ginge um zu sehen, wohin wir kämen, wenn wir gingen?
    Da hat unser Merkel halt doch ein wenig die Orientierung verloren.

  2. kurokasai Says:

    A Propos Milch, das habe ich vor Wut über die Regierungschefin völlig vergessen (bei der Frau hab‘ ich einfach ’nen Hals, wie sonst nie):
    93% der Chinesen haben eine Laktoseintoleranz, vertragen also gar keine Milch, und
    der asiatische Milchmarkt, also China und Indien zusammen importieren zusammen bloß ganze 0,1% der europäischen Milch, was bei der Laktoseintoleranz auch kein Wunder ist.
    Das erwähnte ich bereits zu Zeiten der Milchlüge, in einem gesonderten Post. Diese Frau lügt, wenn sie das Maul aufmacht.

  3. Shinobi No. 5 Says:

    “eine sehr unzureichende Agrarpolitik in den Entwicklungsländern”
    Ach, die EU ist Entwicklungsregion? Klasse… ^^ Ich muss aber sagen, dass sich Regierungen solcher Entwicklungsstaaten wie Deutschland, Frankreich, Spanien… so hohe Subventionen leisten können und damit maßgebliches Problem der Agrarpolitik stellen, verzerrt doch ein wenig meinen bisherigen Blick bezüglich Reichtumsverhältnisse von erster Welt zu Entwicklungsländern. Na gut, klar, wir können uns Entwicklung leisten, die erste Welt bleibt dann natürlich auf der Strecke! – Vielleicht sollte die EU mal sämtliche Subventionen im Agrarsektor streichen, die Preise werden dann zwar nicht niedriger aber die „neue erste Welt“ in Afrika und sonstwo vermag wenigstens ein wenig weniger den Hungertod zu sterben, der Privileg der „ersten Welt“ bleibt. Daher bei Merkel wohl auch der Begriff von erster Welt vertauscht: Verreckt zuerst! Wenn man sich dann, bei wirklichen Preisnöten und nicht solchen Lapalien von Lobbyisten und Subventionsausschüssen der Preisdiktatur wieder direkt an den Kosten des Produktes sieht, wird man vielleicht mal an Lösungen feilen, die auch Nachhaltigkeit für die Zukunft sichern… aber nein, Hauptsache, wir haben heute das Geld in der Tasche, mit dem wir morgen nichts mehr kaufen können! – Da sollte mal jemand erklären, wie Kapitalismus eigentlich funktioniert!

  4. Solon Says:

    Merkel redet Stuss. Interessante Infos zu den Hintergründen enthält (erstaunlicherweise, ich weiß) auch ein Artikel auf Zeit.de (http://www.zeit.de/2008/17/Welthunger?page=all). Darin erfährt man, dass China sogar Reis exportiert und dass manche Länder Probleme haben, weil sie ihre regionale Landwirtschaft an den Weltmarkt angepasst haben und so von Nahrungsmittel-Importen abhängig wurden, weil sie statt Essbarem nun Schnittblumen anbauen. Andere Gründe sind der hohe Ölpreis und vor allem der Einfluss von Spekulanten. Aber diese ganzen Gründe würden ja das neoliberale Weltbild in Frage stellen. Leider macht kognitive Dissonanz niemanden satt, sondern erzeugt im Gegenteil nur Hirnverrenkungen bei den Neoliberalinskis und verbraucht somit Kalorien. Insofern ist jede Rede Merkels ein direkter Beitrag zur Verschärfung des Hungers in der Welt.

  5. tom Says:

    Mir fällt es ebenfalls schwer, meinen Brechreiz zu unterdrücken, wenn ich derart menschenverachtendes ignorantes Geschwurbel höre 👿
    So was darf sich heutzutage Bundeskanzlerin nennen, aber keine Ahnung was in der Welt „da draußen“ los ist!
    Diesen Monat mein Top-Favorit für das „faule Ei des Monats“!

  6. Chinese Gast Says:

    I am chinese. If I knew my consumption of milk has such profound consequence I would think twice tomorrow morning.

    And, China produces her own milk from cows raised in China, in case you are not aware.

  7. kurokasai Says:

    „China produces her own milk from cows raised in China“
    Interessant, das hieße ja, dass die 7% der Chinesen, die Milch trinken können (und ich bezweifle, dass es alle tun, denn Milch ist nicht gerade Bestandteil der chinesischen Esskultur), sich selbst versorgen. Ein weiterer Punkt, der Merkel Lügen straft.

    @Solon: Ich hab keine Ahnung, warum Akismet dich in die Moderation geschoben hat, tut mir leid, dass dein Kommentar erst so spät freigeschaltet wurde. Aber der Artikel ist interessant.

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