Fällt bei einer ernstgemeinten Diskussion oder einem Disput das Thema Religion den Disputanten und sonstigen Tanten in den Schoß, fällt schon bald einem Aktiven des Disput-Tands auf und ein, dass Religion immer totalitär sei und absolut gelten wolle. Das sei eben so, weil das kenne man ja und so fort. Jedes Mal beruft der Disputant sich dabei, wenn auch meist nur im Inneren seiner selbst, den diese Position wird gemeinhin geteilt, auf das Christentum, auf das diese Eigenschaft unzweifelhaft zutraf und -trifft. Zwar ist der christliche Klerus von seinen Methoden seit dem Mittelalter ein kleines Stück abgewichen, vor allem was Zahl der Opfer und Häufigkeit der „Interventionen“ anbelangt, doch bleibt die bevorzugte Strategie der Pfaffen Furcht und Feuer, das Einschüchtern der bereits Gläubigen auf der einen und das bekämpfen der Ungläubigen auf der anderen Seite. In Gegenden dieser Welt, die das massenweise Umbringen von „gottlosen Heiden“ aufgrund irgendeines rechtlichen Firlefanzes nicht gestattet und sogar mit Gewalt verfolgt sehen sich die Volksvergifter gezwungen, ein weniger offen schädliches Image an den Tag zu legen. Als „geistliche und moralische“ Instanz schaden sie nicht mehr dem Leben auf physische, sondern auf psychische Weise, welche nur von einer Minderheit als die Gehirnwäsche erkannt wird, die sie in den Augen ihrer Feinde zweifellos darstellt. Doch das wird meist nicht als Grund für den Extremismus des Christentums angeführt, eher das Kondomverbot des Papstes oder die verklemmte Sexualmoral, die nicht zu Enthaltsamkeit, sondern zu Paraphilie und Geschlechtsverkehr ohne jegliche Aufklärung führten. Aber auch das wird nur in seltenen Glücksfällen als Begründung für die extremistische Religion herangezogen. „Nein, die Pfaffen sind doch keine bösen Menschen!“ heißt es von den kirchlich Geschädigten, welche un beweisen, dass man Kirchgängern besser keine Entscheidungsgewalt überlässt, was als gut und böse gelte in dieser Gesellschaft.
Nein, nein, wenn jemand die These vom Extremismus der Religionen erbricht und somit pauschal alle Religionen, Glaubensgemeinschaften und sonstige Hinterweltspinner als Ideologien voller Intoleranz, Mordgier und Geisteszerstörung abstempelt, dann hat er meist, neben dem harten Kern des Christentums, den erzkonservativen Vatikanevalsbewohnern, den bibeltreuen evangelikalen und den akut selbstmordgefährdeten Sekten natürlich nur einen Glauben im Sinn: den Islam. Wenn man Religion pauschal verdammen möchte, bieten sich fusselbärtige Hohlköpfe mit Bombengürteln an wie eine thailändische Pros Touristenbetreuerin. Dabei ist es dann auch nicht von Interesse, dass die langbärtigen Bombenleger nicht Krankheit, sondern Symptom sind und dass wie im Christentum die geistigen Brandstifter loszuwerden sind.
Meistens kommt eine solche Behauptung, es sei nun einmal in allen Religionen der Hang zur Diktatur festzustellen von Seiten eines Philisters, eines Spießbürgers, der selbst Moral und Herrschaft der Pfaffen über sich akzeptiert hat und nun die Schandflecken seiner Ideologie mit den Flecken anderer Religionen zu überdecken versucht. Es geht dabei nicht um eine Abkehr von den Religionen, sondern um eine Verteidigung des Christentums. „Es ist ja in den anderen Religionen genauso schlimm.“ In der Mehrheit der Fälle schafft es der sittliche Strolch seine Zuhörer sogar davon überzeugen, dass es im Christentum noch viel besser sei, als bei „den anderen“, was man ja daran sähe, dass es „im Islam“ noch viel schlimmer zugeht als „bei uns“, was ihm recht gut gelingt, solange der Zuhörer als einzigen Vergleichspunkt den Islam wählt. Die Situation ist in Gegenden, in denen der Islam die vorherrschen Religion stellt und von der Mehrheit als unumstößliche Wahrheit akzeptiert wird, jedoch nicht im Islam schlimmer, denn ausgehend von der eigentlichen Ideologie findet sich im Islam, d. i. im Koran bedeutend weniger deutlich menschenfeindliches Material, als im Christentum, d. i. in der Bibel. Dass in Gegenden, deren Bewohner sich von Volksverhetzern eine durch und durch theokratische Hierarchie haben aufbuckeln lassen, die Qualität der Lebensbedingungen noch unter der in den chrislichen Landen liegt, hat wenig bis gar nichts mit der durchgehenden erhofften Absolutie der Religionen zu tun, sonmdern lässt sich eher darin begründen, dass in den erstgenannten Gegenden keine Aufklärung stattfand, die dann zu für ein friedfertiges Miteinander essentiellen Ideen wie Toleranz und Autonomie hätte führen können. Und nur weil deren Hassprediger häufiger in den Nachrichten auch als solche bezeichnet werden, als unsere heißt das noch nicht, dass wir keine hätten.
Doch wäre es nun ein Fehlschluss, zu glauben, „die Religionen“ stellten sich pauschal und in ihrer Gesamtheit gegen ein friedvolles Zusammenleben, denn Intoleranz und religöse Verfolgung ist außerhalb der Gegenden unseres kranken Planeten, in denen christliche und muslimische Volksverhetzer ihr Gift und ihre Galle verspucken, eher als Seltenheit zu sehen und trat noch nie in einer Form auf, die dem Mordwahn der christlichen Kirche gleichkäme. Pantheistische Heiden sind anderen Göttern gegenüber aufgeschlossener als monotheistische Betonköpfe, da die Vielfalt der Gottesbilder ihnen schon in ihrer eigenen Ideologie in die Wiege gelegt wurde. Und gottlose Religionen wie Buddhismus oder Satanismus befinden sich von vornherein nicht im Kampf um die Vorherrschaft ihres Gottes, da das in Ermangelung eines Gottes nicht möglich ist. In diesen Religionen hat sich bereits das atheistische Gottesbild gebildet: Gott als Erfindung der Denkfaulen.